Warum ist Taylor Swift so erfolgreich? (2024)

Warum ist Taylor Swift so erfolgreich? (1)

Tas Rights Management / Getty

Schon jetzt seien «enorm viele Registrierungen» für den Vorverkauf ihres Schweizer Konzerts eingegangen. Warum der US-Pop-Star gerade die ganze Welt begeistert.

Diese Frau ist so riesig, dass auch der vom Sich-immer-leicht-Ducken herrührende kleine Knick in ihrer oberen Wirbelsäule sie nicht davor bewahrt, immer und bei allem gesehen zu werden: Taylor Swift gehört zu den zehn meistgegoogelten Personen der Welt, hat mehr als 252Millionen Tonträger verkauft, fand und verlor sowohl Liebe als auch Anerkennung vor den Augen der Weltöffentlichkeit und ist mit 34 Jahren die meistgestreamte Künstlerin mit einer Diskografie, die zehn genreübergreifende Studioalben umfasst.

Am Dienstagabend wurde bekannt, dass die amerikanische Sängerin nächsten Sommer im Rahmen ihrer Europatournee auch im Zürcher Letzigrund spielen wird. Nun würde man dem gemeinen Schweizer Naturell nicht zwingend einen Hang zum Hype attestieren, und doch stehen die Zeichen so, als würden wir allen anderen Ländern in nichts nachstehen, was das Interesse an den Tickets anbelangt. Gemäss der Veranstaltungsagentur Gadget seien bereits «enorm viele Registrierungen» für den Vorverkauf eingegangen, der am 13. Juli beginnt. In Amerika waren alle Shows restlos ausverkauft. Und neuerdings sind in den Drogerien der Städte, wo Swift auftritt, die Regale mit den Windeln für Erwachsene ebenfalls leergeräumt, weil eine Frau in den sozialen Netzwerken verriet, dass sie es damit geschafft habe, keinen einzigen Song der über dreistündigen Live-Show zu verpassen.

Swift ist eine wandelnde Antithese: Niemand schlägt die Brücke zwischen Indie und Mainstream so mühelos wie sie.

Was aber ist es, das die Sängerin zu diesem Megastar macht, den niemand verpassen will?

Swift ist eine wandelnde Antithese: Niemand schlägt die Brücke zwischen Indie und Mainstream so mühelos wie sie. Ryan Adams coverte ihr komplettes Album «1989» (er beschrieb das Werk als «eigenes, alternatives Universum»), und mit Bon Ivers Justin Vernon schrieb Swift 2020 die Indie-Folk-Ballade «Exile». Unlängst erschienen Duette mit Lana del Rey und The National. Gleichermassen ist sie die erste Künstlerin überhaupt, die mit zehn Songs alle Plätze der Top Ten der amerikanischen Billboard-Charts belegte. Mehr Mainstream geht nicht.

Swifts Kunst ist das narrative Songwriting, eine Form des Storytelling, das Handlungen nahezu filmisch erscheinen lässt. In «Exile» begegnet sie an der Seite ihres neuen Partners ihrem früheren Lebensgefährten, zu dem sie im Lied spricht: I can see you starin’ , honey / Like he’s just your understudy / Like you’d get your knuckles bloody for me / Second, third and hundredth chances / balancing on breaking branches / Those eyes add insult to injury.

Jedes Lied ist eine in sich abgeschlossene Geschichte. Das ist typisch für das Genre, in welchem Swifts Karriere begann. Ihre Familie zog nach Nashville, damit sie dort in der Country-Szene Fuss fassen könnte, was ihr mit ihrem ersten Hit «Tim McGraw» auch schnell gelang. Da war sie gerade 16 Jahre alt. Dort, wo die Tradition vom Storytelling im Songwriting tief verankert ist, traf Swifts Gabe, ihre Umgebung und alles Zwischenmenschliche messerscharf zu beobachten, auf fruchtbaren Boden und begünstigte ihren Aufstieg zu einer herausragenden Liedermacherin, die in egal welcher Musikrichtung bestehen könnte. Die Geschichten, die Swift erzählt, leben zum einen von ihren (nie bestätigten, aber oh so offensichtlichen) persönlichen Erfahrungen und zum anderen von der Poesie im Alltäglichen.

Was Springsteen für die Babyboomer gemacht hat, hat Swift für die Millennials getan: das Schaffen eines mehrstündigen Live-Erlebnisses, das so gut ist, dass es auch generationenübergreifend anerkannt wird.

Vor allem Letzteres macht sie so wichtig und nahbar für ihre Fans. Ihr Songwriting ist zudem ihre Konstante. Sie mag Produzenten, Labels und Stil wechseln, aber ihre unverkennbare Art, in wenigen Zeilen einfangen zu können, was so viele berührt, bleibt. Damit kann sie mit Ikonen wie Bruce Springsteen mithalten, für den diese Art des Songwriting ebenfalls bezeichnend ist. Mit ihm verbindet sie aber noch mehr, als auf den ersten Blick erkennbar ist: Was Springsteen für die Babyboomer gemacht hat, hat Swift für die Millennials getan: das Schaffen eines mehrstündigen Live-Erlebnisses, das so gut ist, dass es mit der Zeit auch generationenübergreifend anerkannt wird. Und das – in Swifts Fall – in einem Moment, wo die menschliche Aufmerksamkeitsspanne dank dominierenden Online-Inhalten mit der kläglichen Durchschnittslänge eines Kurzvideos, genannt Reel, gleichzusetzen ist.

Damit verkörpert Swift eine zweite Antithese: Sie ist der immer so schwierige, ja menschgewordene Mediensprung, denn sie besteht analog wie digital. Es vergeht kein Tag, an dem nichts daran erinnert, dass sie im Internet einen festen Wohnsitz hat. Einmal ist es das virale Video eines beherzt singenden Mannes, der sich als Security-Guard engagieren liess, um wenigstens mit dem Rücken zur Bühne dem ausverkauften Konzert beizuwohnen. Dann ist es der im Publikum tanzende Bradley Cooper mit seiner kleinen Tochter. Ganz aktuell zu beobachten ist der Trend des sogenannten Tay-Trapping, einer Masche, mit der junge Männer in ihren Tinder-Bios besser abschneiden oder auf Tiktok von Hunderten entzückten Followern als marriage material eingestuft werden wollen. Denn derzeit gilt: Wer Taylor Swift als grosse Künstlerin anerkennt und sich als «Swiftie» bezeichnet, ist zum Heiraten geeignet.

Es gab auch Zeiten, in denen sich das Internet gegen Taylor Swift stellte. User fluteten die Accounts der Sängerin hunderttausendfach mit dem Schlangen-Emoji. Einmal wegen einer postamourösen Fehde mit dem Produzenten Calvin Harris, an dessen grösstem Hit «This Is What You Came For» sie, anfänglich unter dem Pseudonym Nils Sjoberg, massgeblich beteiligt war. Dann gab es das Drama mit Kanye West, der die damals 19-Jährige vor laufenden Kameras diffamierte, als er nach ihrem Gewinn eines MTV Video Music Awards die Bühne stürmte, um zu verkünden, Beyoncé hätte diesen Preis viel mehr verdient.

Dass Taylor Swift da überhaupt stand als eigentlicher Country-Star inmitten von «richtigen» Pop-Stars, war nicht selbstverständlich, obwohl es in der Retrospektive sie sein sollte, die ab genau diesem Zeitpunkt Country ein cooleres Image verleihen sollte. Aber in diesem Moment stand sie da wie ein begossener Pudel, und die Leute buhten – eigentlich wegen Wests Anstandslosigkeit, aber man sah in Swifts Gesicht, dass sie dachte, es sei ihretwegen. Obwohl sie ihn in ihrem Song «Innocence» später in Schutz nahm, entschied er sich für mehr Feindseligkeit.

Die Zeit hat in dieser Causa inzwischen ihr Übriges getan, trotzdem sollte man Swift noch für den am besten formulierten Rückzug aus einem Streit honorieren: «I would very much like to be excluded from this narrative, one that I have never asked to be part of, since 2009.» Schon fast wieder eine Strophe. Diese Frau macht selbst aus Niederlagen Gedichte as she speaks.

Mit derselben eleganten Unerbittlichkeit agiert sie als Fürsprecherin für Künstlerrechte und Frauenförderung. Nachdem ihr ehemaliges Label es ihr nicht erlaubt hatte, die Rechte an ihren eigenen Songs zurückzukaufen, scheute sie keine Mühe, ihre eigenen Alben unter den ursprünglichen Namen, aber mit dem Zusatz «Taylor’s Version» nochmals komplett neu aufzunehmen. Damit setzte sie ein starkes Zeichen, auch weil sie sich weigerte, eine Verschwiegenheitsklausel zu unterschreiben. Sie sprach öffentlich darüber, womit sie in ihrer Position vielen Musikschaffenden eine Stimme verlieh.

Swift arbeitet subtil, aber unermüdlich, bis jeder einzelne Erzählstrang wieder in ihren Händen liegt und sie daraus spinnen kann, was auch immer sie braucht. Man mag ihr dahingehend Kalkül vorwerfen, man kann sich aber auch einfach verneigen (von anderen, vergleichbar erfolgreichen Menschen würde auch niemand erwarten, dass sie ohne Plan arbeiten). Und doch vermittelt Swift eine für einen Megastar untypische Nahbarkeit. Manchmal haftet ihr etwas fast unbeholfen Nerdiges an.

Vielleicht ist es eine trotz allem Üben staksige Bewegung beim Tanzen oder der eigene Witz in einem Interview, über den nur sie lacht, aber etwas an ihr macht, dass dieser kleine Funke in uns, der einem manchmal zuraunt, dass wir vielleicht auch etwas Besonderes sein können, ein bisschen wärmer glüht, wenn wir Taylor Swift zuschauen dürfen. Auch wenn wir in diesem Moment dastehen, einfach nur ein hyperventilierender Fan in Hosengrösse 42. Und mit den Windeln wird’s wohl eine 44.

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